Die Kosten des Krankenstands in Deutschland
Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen veröffentlicht jährlich eine Studie zum Krankenstand in Deutschland. Im Jahr 2020 waren Mitarbeiter durchschnittlich 18,2 Tage krankgemeldet. Im Vergleich zu 2019 und 2020 ist das ein leichter Rückgang.
Andere Studien von Krankenkassen, z.B. der Techniker Krankenkasse und der DAK setzen einen etwas niedrigeren Wert von 14,5 Tagen für 2021 an. Statista geht von 11,2 Tagen aus.
Rechnet man das in Euro um, so kostet das Arbeitgeber jährlich geschätzt rund 74 Milliarden Euro – eine erstaunlich hohe Summe. Glücklicherweise verteilen sich diese Kosten gleichmäßig über alle Arbeitgeber. Als Unternehmer fragt man sich da verständlicherweise, wie man diese Kosten reduzieren kann.
Besonders wichtig ist es dabei, sich dem Thema Krankenstand proaktiv und präventiv zu widmen. Wenn ein Arbeitnehmer nämlich erst einmal krank ist, lassen sich die entstandenen Kosten durch Lohnfortzahlung und Arbeitsausfall nicht mehr verhindern.
Mehr darüber, wie Sie Krankschreibungen vorbeugen können, lesen Sie im Artikel “Krankenstand reduzieren” auf unserer Website.
Direkte und indirekte Kosten von Krankschreibungen
Um die Kosten von Krankschreibungen zu berechnen, reicht es nicht aus, nur die direkten Kosten der Lohnfortzahlung zu betrachten. Auch die indirekten Kosten durch Arbeitsausfall und geringere Produktivität müssen betrachtet werden.
So verringert sich die Produktivität typischerweise schon bevor der Arbeitnehmer sich krank meldet. Auch nach der Rückkehr aus der Krankheit geht Produktivität verloren – ganz einfach, weil der Arbeitnehmer noch nicht voll belastbar ist oder erst einmal Liegengebliebenes abarbeiten muss.
Während der eigentlichen Krankschreibung sollten Sie auch Kosten für die Krankheitsvertretung, den Überstundenausgleich für Kollegen etc. einberechnen.
Wie lange sind Arbeitnehmer durchschnittlich krank? Erfahren Sie hier mehr.
Die direkten Kosten des Krankenstands
Die direkten Kosten des Krankenstands betreffen folgende Posten:
- Lohnfortzahlung für den kranken Mitarbeiter
In der Regel hat der Arbeitgeber die Pflicht, im Krankheitsfall den Lohn für 6 Wochen weiter zu bezahlen – danach zahlt die Krankenkasse das sogenannte Krankengeld. Es gibt sehr wenige Ausnahmen von der Lohnfortzahlungspflicht. Mehr dazu lesen Sie auf unserer Seite zum Krankenstand im Abschnitt „Lohnfortzahlung“.
Die direkten Kosten des Krankenstands berechnen
Die Lohnkosten – direkte Kosten des Krankenstands – sind recht einfach zu berechnen. Daher ist es leicht zu berechnen, was ein Unternehmen spart, wenn der Krankenstand reduziert wird.
Gehen wir von Max (oder Erika) Mustermann aus, dem durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmer. Max Mustermann verdient im Schnitt 3.092 Euro brutto im Monat.
Max ist im Schnitt 14,5 Tage krank (DAK und TK Daten). Das ist ein Krankenstand von 4,02 %, was direkte Lohnfortzahlungskosten von 1.491,58 € bedeutet:
((3.092 € x 12)/100) x 4,02 = 1.491,58 €
Hat das Unternehmen 100 Angestellte, die ebenso oft wie Max Mustermann krank sind, kostet der Krankenstand das Unternehmen jährlich 149.158 €:
100 x 1.491,58 € = 149.518 €
Schafft es Max’ Arbeitgeber den Krankenstand um 25% zu senken (entspricht 3,01 % oder 10,9 Tage), spart er automatisch eine Menge Geld:
((3.092 € x 12)/100) x 3,01 = 1.116,83 €
Das bedeutet Gesamtkosten in Höhe von 111.683 €.
100 x 1.116,83 € = 111.683 €
Pro Arbeitnehmer spart Max‘ Arbeitgeber also jährlich knapp 375 €. Insgesamt wären das also rund 37.835 € Ersparnis.
149.518 € – 111.683 € = 37.835 €
Indirekte Kosten von Krankschreibung
Die indirekten oder versteckten Kosten der Krankschreibung sind vielfältig und hängen davon ab, wie lange ein Mitarbeiter ausfällt und welche Position die betreffende Position im Unternehmen ausfüllt:
- Die Zeit, die eine Krankheitsvertretung zur Einarbeitung braucht
- Gegebenenfalls niedrigere Service- oder Produktqualität durch den Ausfall
- Geringere Effizienz im Team
- Verlust von Kunden oder Reputation
- Die Kosten der Ausschreibung für eine Krankheitsvertretung
- Die Ressourcen für das Anlernen von Ersatzpersonal
- Die Kosten für Überstunden, die Kollegen durch den Ausfall anhäufen
- Zeit, die der Vorgesetzte mit der Organisation der Krankheitsvertretung verbringt und Kollegen darüber informiert.
Quelle: Österreichisches Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Die indirekten Kosten des Krankenstands berechnen
Der Großteil der indirekten Kosten ist schwierig zu bepreisen, da diese von Fall zu Fall unterschiedlich und nicht immer direkt erkennbar sind.
In einigen Beispielen wollen wir versuchen die Kosten zu verdeutlichen, die entstehen können, wenn Max Mustermann ausfällt.
Beispiel #1 – „Der günstige Fall“: Niedrigere Effizienz im Team
Wenn ein Kollege krank ist, kann die Produktivität des gesamten Teams darunter leiden. Das ist oft der Fall, wenn die Person langfristig ausfällt. Darunter leidet nicht nur die Stimmung im Team, sondern die Kollegen müssen überkompensieren. Somit steigt das Risiko, dass sie selbst erkranken.
Nehmen wir an, dass Max mindestens 8 Wochen krank ist. Seine Kollegin Erika, die durchschnittlich 17,85 € pro Stunde verdient, ist davon direkt betroffen und ihre Arbeitsleistung sinkt 2 Monate lang um 10%. Für Max und Emmas Arbeitgeber bedeutet das Kosten von knapp 620 €.
(3.092 € x 2) x 0,1 = 618,40 €
10% ihres Gehalts über 2 Monate
Beispiel #2 – „Der teuere Fall“: Die Aufwendungen für eine Krankheitsvertretung
Max Mustermanns Vorgesetzte Michaela sucht nach einer Vertretung für Max. Sie verdient mehr als Max und Erika, nämlich 6291,66 € (das Durchschnittsgehalt eines Abteilungsleiters in Deutschland). Ihr Stundenlohn liegt also bei 36,33 €.
Für die Suche nach einer Krankheitsvertretung für Max muss Michaela eine Menge Zeit aufwenden. Schließlich soll der geeignete Kandidat zum Unternehmen passen.
Kosten von muskoskelletalen Erkrankungen
Erkrankungen der Muskeln und des Skelettsystems sind unter den Top 3 Ursachen für Krankschreibungen (gemeinsam mit psychischen Erkrankungen und Erkrankungen der Atemwege). Im Schnitt sind 18,4 % der Krankschreibungen auf diese Gruppe von Erkrankungen zurückzuführen.
Daher können vorbeugende Maßnahmen zur Reduktion dieser Erkrankungen einen großen Effekt haben.
Mehr darüber, wo Sie beginnen können, erfahren Sie in unserem Artikel über Ergonomie.
Wie kann ich den Krankenstand in meinem Unternehmen senken?
p>Wenn Sie den Krankenstand in Ihrem Unternehmen senken möchten, gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, die in Frage kommen.
So können Sie zum Beispiel mit einer Gefährdungsbeurteilung einschätzen, wo die größten Problemfelder liegen, die die Krankschreibungsquote beeinflusst.
Daraus können Sie ableiten, welche präventiven Maßnahmen Sie ergreifen können. Diese können ganz unterschiedliche Formen annehmen. Einige bewährte Tipps haben wir Ihnen hier zusammengestellt.
Tritt die Krankschreibung durch einen Mausarm auf, können ergonomische Mäuse und Tastaturen das Mittel der Wahl sein. Mehr darüber können Sie in diesem Artikel lesen.
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